Verkehr | 20. Januar 2025

Mit ABB-Antrieb zum Rendez-vous mit 29 Viertausendern

Die Gornergrat Bahn fährt ihre Gäste ab Zermatt zu einem Berggrat mit atemberaubendem Panorama. Für die Maximierung dieses Erlebnisses hat sie 45 Millionen Franken in fünf neue Polaris-Triebzüge von Stadler investiert, die mit effizienten Traktionsumrichtern von ABB ausgerüstet sind.

Das Matterhorn ist das wohl bekannteste Wahrzeichen der Schweiz, millionenfach fotografiert. Der ikonische Berg zieht Touristen aus der ganzen Welt wie auch aus der Schweiz an. Zum Greifen nah wirkt die markante Felspyramide vom Gornergrat aus, selbst auf mehr als 3000 Meter über Meer gelegen und weniger als 10 km vom «Horu» entfernt. Dabei schweift hier der Blick noch auf 28 weitere 4000er. Mehr hochalpines Panorama gibt es nirgends.

Elektrische Ausrüstung der ersten Lok von BBC

Dieses Alleinstellungsmerkmal erkannten findige Walliser Investoren und Unternehmer früh. Sie gründeten 1892 die Gornergrat-Bahn-Gesellschaft. Die Bahn wurde im August 1898 eröffnet. Sie war die erste elektrisch betriebene Zahnradbahn der Schweiz. Die elektrische Ausrüstung der ersten Lokomotiven steuerte die erst sieben Jahre zuvor gegründete BBC bei, das Vorgängerunternehmen von ABB.

Andreas Schmid bei einem in den Polaris-Triebzügen unterflur montierten Traktionsumrichter von ABB.

«Bereits in ihrem ersten Betriebsjahr beförderte die Gornergrat Bahn rund 40’000 Passagiere», erklärt Andreas Schmid, Projektleiter Engineering Rollmaterial & Traktion bei der Matterhorn Gotthard Bahn sowie der Gornergrat Bahn. Dabei fuhr die Zahnradbahn – anders als heute – nicht im Winter. «Heute können wir rund 850’000 Menschen jährlich als Fahrgäste begrüssen.» Die Attraktivität des Angebots hier im Herzen der Hochalpen spricht sich weiter herum, zumal in Zeiten von Social Media. «Wir haben Ende 2019 fünf neue Polaris-Triebzüge von Stadler bestellt. Mit einem Volumen von 45 Millionen Franken eine bedeutende Investition in die Zukunft.» Polaris steht dabei für Popular landscape railway in Switzerland.

Polaris ersetzen rund ein Drittel der bisherigen Flotte

Trotz den Einschränkungen der Corona-Pandemie konnte das Projekt termingerecht umgesetzt werden. Die Jungfernfahrt des ersten Polaris-Zugs erfolgte im September 2022. Im folgenden Winter nahm die ganze Polaris-Flotte ihren Betrieb auf. «Sie ersetzen die älteren Züge, die zuletzt Anfang der 2000er-Jahre modernisiert worden waren, rund ein Drittel unserer Flotte», erklärt Schmid.

Die markante Frontpartie des Polaris vor dem noch markanteren Hausberg Zermatts. (Foto, wie im Header: Gornergrat Bahn)

Die neuen Triebzüge verfügen über je 104 Sitzplätze – mit exklusiv designten Sitzen, denn der Auftrag für die Innen- und Aussengestaltung der Züge ging an das renommierte italienische Designstudio Pininfarina. Es versah den Zügen eine futuristisch anmutende asymmetrische Stirnfront und ein durchgängiges, markantes Farbkonzept. Ein Highlight sind auch die grossen Panoramafenster, deren oberer Teil sich zudem für spiegelfreie Fotografien herabsenken lässt.

Auch Triebzüge aus dem Jahr 2006 mit ABB-Umrichtern

«Bei der Marktabfrage vor der Bestellung hatten wir ein Pflichtenheft definiert, unter anderem für die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Antriebs» so Schmid. «Unsere zuvor modernsten Triebzüge aus dem Jahr 2006 sind mit Traktionsumrichtern CC500 von ABB ausgerüstet, die zu unserer vollen Zufriedenheit zuverlässig ihren Dienst verrichten. So nahmen wir wohlwollend zur Kenntnis, dass Stadler den Polaris mit dem Nachfolgemodell CC750 von ABB ausrüstet, das leistungsfähiger und effizienter ist.»

Dank den absenkbaren Zugfenstern können die Passagiere Zermatt und Matterhorn in ihrer vollen Pracht fotografieren.

Das Antriebspaket im Polaris weist eine Gesamtleistung von 1320 Kilowatt auf, deutlich mehr als die 2006 in Betrieb gesetzten Triebzüge. Dafür sind je zwei CC750 pro Triebzug unterflur installiert. Bergwärts fährt der Polaris bis zu 30 km/h, talwärts 20 km/h. Selbstverständlich können die neuen Züge – wie ihre Vorgänger bei der Gornergrat Bahn – rekuperieren, also die beim Bremsen durch den Antriebsstrang generierte Energie ins Fahrleitungsnetz zurückspeisen. Drei talwärts fahrende Züge generieren so mehr Strom als ein bergwärts fahrender Zug verbraucht.

Leistungsstarke Schneefräse

Auch die neuere der beiden Schneefräsen der Gornergrat Bahn ist mit ABB-Traktionsumrichtern ausgerüstet. Mit ihr lassen sich pro Stunde rund 3000 Tonnen Schnee von den Gleisen entfernen. Deshalb verkehrt die Bahn auch im tiefsten hochalpinen Winter auf der höchsten im Freien angelegten Strecke Europas zuverlässig. «Damit bringen wir auch die grössten Schneemengen bei intensivem Niederschlag von der Strecke weg. Einzig starker Wind mit Verwehungen kann uns den Fahrplan allenfalls beeinträchtigen», sagt Schmid.

Polaris kann mit den Triebzügen der Vorgenerationen in Doppeltraktion verkehren.

Das Fahrleitungsnetz der Gornergrat Bahn wird mit Drehstrom gespeist, von aussen erkennbar an den zwei Fahrleitungsdrähten. Den dritten Pol bilden die Schienen, die selbst nicht unter Strom stehen und als Rückleiter dienen. Damit behielt die Gornergrat Bahn das Stromsystem aus der Pionierzeit bei. Wie auch die Jungfraubahn, die einzige andere Schweizer Bahn, die mit Drehstrom betrieben wird.

Abfahrt alle 24 Minuten

«Der Polaris-Antrieb mit den ABB-Traktionsumrichtern bewährt sich im Betriebsalltag», so Schmid. «In der Inbetriebsetzung mussten, wie üblich, einige Parameter nachjustiert werden. Aber nun befördern sie unsere Fahrgäste laufruhig zum Gornergrat und zurück.» Selbst wenn einer der beiden Umrichter eines Zuges ausfallen würde, reicht die Leistung des anderen, um den Triebzug bis zur nächsten Haltestelle zu befördern. In der Hochsaison verkehren die Züge alle 24 Minuten. Die neuen Polaris können mit den Zügen der beiden Vorgängerserien gekoppelt und so in Doppeltraktion geführt werden.

«Der Polaris-Antrieb mit den ABB-Traktionsumrichtern bewährt sich im Betriebsalltag.»

Per 2025 hat die Gornergrat Bahn AG – die eine Tochtergesellschaft der BVZ Holding ist – einen Servicevertrag mit der Division Traktion von ABB Schweiz für die Traktionsumrichter der Polaris-Flotte abgeschlossen, um die Verfügbarkeit über die kommenden Jahre hoch zu halten.