Infrastruktur | 25. Februar 2025

Strom für alle Fälle im Neubau des Kantonsspitals Baden

Nach sechsjähriger Bauzeit wurde der Neubau des Kantonsspitals Baden Ende Februar 2025 eröffnet. In diesem Generationenprojekt mit einer Investitionssumme von rund 600 Millionen Franken sorgen Mittel- und Niederspannungsverteilungen sowie Systeme für unterbrechungsfreie Stromversorgung von ABB für eine zuverlässige Zufuhr von elektrischer Energie.

«Willkommen im Agnes», so Dani Anderegg, Leiter Technische Dienste beim Kantonsspital Baden (KSB) anlässlich einer Führung durch den Neubau Ende Januar 2025. Der Name geht auf die Ursprünge des Spitals in Baden zurück: Das erste Krankenhaus in der Bäderstadt stiftete Königin Agnes von Ungarn – deren Sitz das Kloster Königsfelden im nahegelegenen Windisch war – im Jahr 1349. Das Kantonsspital in Baden-Dättwil wurde 1978 in Betrieb genommen.

Der Neubau des KSB mit Blick Richtung Baden aus der Vogelperspektive. Rechts das Gebäude aus den 1970ern.

Healing Architecture mit lichtdurchfluteten Räumen
«Das damals auf der sprichwörtlichen grünen Wiese realisierte Spital wurde weitsichtig geplant und war hoch modern. Die Betriebsabläufe waren in einem einzigen Gebäude zusammengefasst. Doch nach über vierzig Jahren Betrieb befindet es sich in einem Zustand, in dem sich eine Sanierung nicht mehr lohnt», so Anderegg. Der Spatenstich für den Neubau erfolgte im August 2018. Es basiert auf den Prinzipien der «Healing Architecture», die eine heilungsfördernde Umgebung schaffen soll. War das bestehende Gebäude mit 13 Etagen auf die Vertikale ausgerichtet, ist das achtstöckige Agnes weit horizontaler. Es bietet dabei 30 Prozent mehr Fläche, die elf Fussballfeldern entspricht. Und elf Innenhöfe sorgen zusammen mit den grossen Fenstern für lichtdurchflutete Räume auch in den unteren Etagen.

Durch die grossen Fensterfronten in den Innenhöfen kann Tageslicht auch in den unteren Etagen tief in die Räume eindringen.

Acht Operationssäle, 400 Betten
Das KSB ist ein Grossbetrieb. Es beschäftig rund 3600 Mitarbeitende. Der Neubau verfügt über acht Operationssäle und rund 400 Patientenbetten. Anders als im Altbau sind pro Raum nur noch maximal zwei Betten eingestellt. Die Bedeutung des KSB zeigte auch das Interesse an den Tagen der offenen Tür am ersten Novemberwochenende 2024 auf. Die 20’000 Slots dafür waren innert Kürze restlos ausgebucht.

2800 Räume digital im Überblick
«Für die Planung, aber auch Bau und Betrieb von Agnes, war und ist das ‹Building Information Modeling› – BIM – wichtig, insbesondere für die Elektrotechnik», erklärt Anderegg. In diesem digitalen dreidimensionalen Modell sind alle Details des Gebäudes erfasst. Beispielsweise, wo jede einzelne der rund 44’000 verbauten Steckdosen in den über 2800 Räumen installiert ist.

Gezielt ABB-Lösungen für die Stromversorgung gewählt
Für die Stromversorgung selbst setzt das KSB voll auf Produkte und Lösungen von ABB. «Über unseren Generalplaner nahmen wir Einfluss darauf, welche Firmen er als Zulieferer für kritische Infrastruktur berücksichtigen soll. Für die Stromversorgung haben wir bewusst die bewährten Lösungen von ABB gewählt, von deren Qualität wir überzeugt sind», so Anderegg.

«Für die Stromversorgung haben wir bewusst die bewährten Lösungen von ABB gewählt, von deren Qualität wir überzeugt sind.»

Redundante Mittelspannungs- und Niederspannungsversorgung
ABB lieferte die gesamte Mittelspannungs- und Niederspannungshauptverteilung. Jeweils in zweifacher Ausführung, um die Redundanz zu gewährleisten. «Sollte eine Hauptverteilung ausfallen, reicht die Leistung der zweiten installierten HV, um die Versorgung zu gewährleisten», betont Anderegg. Die beiden Mittelspannungs-Hauptverteilungen bestehen aus je sieben luftisolierten Mittelspannungs-Schaltanlagen ZS8.4 von ABB. Sie leiten elektrische Energie mit einer Spannung von 16 Kilovolt aus dem Mittelspannungsnetz zu den beiden Transformatorstationen mit je vier Trafos, welche sie auf 400 Volt Niederspannung heruntertransformieren. Der Strom fliesst dann weiter zu den beiden – ebenfalls redundanten – Niederspannungs-Hauptverteilungen mit 32 beziehungsweise 31 Feldern. Dabei handelt es sich um Schaltanlagen des Typs MNS 3.0.

 

Eine der Niederspannungs-Hauptverteilungen im Agnes mit MNS-Schaltanlagen.

Gegen Stromausfälle abgesichert
Was, wenn ein externes Versorgungsproblem auftritt? Also ein Stromausfall, womöglich länger andauernd? Der für Patienten im Operationssaal wie auf den Intensivstationen potenziell fatal wäre. «Dafür liessen wir Systeme zur unterbrechungsfreien Stromversorgung – USV – von ABB installieren», sagt Anderegg. Auch die sind redundant ausgelegt. Damit stehen im KSB zwei USV-Anlagen mit einer Leistung von je 1 Megawatt für alle (Aus-)Fälle bereit.

«Dafür liessen wir Systeme zur unterbrechungsfreien Stromversorgung – USV – von ABB installieren.»

Systeme zur unterbrechungsfreien Stromversorgung aus dem Tessin
Konkret sind je vier Einheiten der modularen ABB-USV DPA 250 S4 mit jeweils fünf Modulen à 50 Kilowatt. Die fertigt ABB im Werk Quartino im Tessin. «In diesem Konzept ist jedes Modul eine eigene USV, die über alle wesentlichen Funktionseinheiten verfügt, was zusätzliche Sicherheit bringt. Ausserdem zählt sie mit einem Wirkungsgrad von 97,6 Prozent zu den effizientesten USV auf dem Markt», sagt Lynn Erlinghagen, verantwortlicher Projektleiter für die USV im KSB seitens ABB.

Dani Anderegg (links) und Lynn Erlinghagen bei einer der USV-Anlagen im Neubau.

Zuerst USV mit Batterien, dann Netzersatz mit Generatoren
Bei einem Netzausfall würden sie unterbrechungsfrei die Stromversorgung übernehmen. Dafür sind – bei jeder der beiden USV-Systeme – genügend Batterien installiert, um die Gesamtversorgung des KSB für bis zu 20 Minuten zu gewährleisten. «Das ist eine grosse Sicherheitsmarge. In dem Fall würden die drei Dieselaggregate unserer Netzersatzanlage anspringen und die Stromversorgung innert 15 bis 30 Sekunden übernehmen», rechnet Anderegg vor. Am Standort ist genügend Treibstoff vorrätig, um die Netzersatzanlage einen vollen Monat lang zu betreiben. «Ein Blackout-Test Anfang Januar hat zu unserer vollen Zufriedenheit funktioniert», betont Anderegg.

Drei separate Niederspannungsnetze für Sicherheit
Für diese Szenarien ist auch die Stromverteilung selbst ausgelegt. Im Niederspannungsbereich sind dafür gleich drei Netze installiert. Eines für die normale Allgemeinstromversorgung (AV), eines für die unterbrechungsfreie Stromversorgung im Batteriebetrieb (USV), und eines für die Sicherheitsstromversorgung (SV) über die Netzersatzanlage. «Für alle drei Niederspannungsnetze sind insgesamt zwölf Traktverteiler mit ABB-Schaltanlagen sowie das SMISSLINE TP-Stecksockelsystem über das Gebäude verteilt installiert», so Anderegg.

Eröffnung am 25. Februar
Der Neubau des Kantonsspitals Baden wird am 25. Februar 2025 offiziell eröffnet. Danach folgt die minutiös geplante Verlegung aller Patientinnen und Patienten. An ersten März-Wochenende dürfte auch die erste Geburt im Agnes gefeiert werden. Rund 1700 Kinder erblicken im KSB jährlich das Licht der Welt. Im Neubau liegen Pränatalstation, Gebärzimmer, Geburts-OP, Wochenbett und Neonatologie alle auf einer Etage. Sie umfasst sechs Gebärzimmer, zwei davon mit Badewanne, alle mit Blick ins Grüne: Ein Start ins Leben in Geborgenheit und in einer sicher versorgten Umgebung.

Installierte Mittelspannungs-Schaltanlagen des Typs ZS8.4.