Infrastruktur | 16. April 2025
Rechenzentrum von Infomaniak wird Tausende Genfer Haushalte heizen
Abgesichert mit USV von ABB
Der Schweizer Cloud-Service-Anbieter Infomaniak hat ein neues Rechenzentrum realisiert – im Keller einer Genfer Wohnbaugenossenschaft. Hier wird die gesamte verbrauchte elektrische Energie vollständig als Wärme zurückgewonnen und zum Heizen zur Verfügung gestellt. ABB hat ein modulares System zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) beigesteuert.
Rechenzentren speichern und verarbeiten Daten. «Rechenzentren können aber auch als Anlagen beschrieben werden, die elektrische Energie in Wärmeenergie umwandeln – ähnlich wie ein Backofen», so Boris Siegenthaler, Gründer von Infomaniak. Das ist reine Physik: Prozessoren und Speicherchips in den Servern erzeugen aufgrund des elektrischen Widerstands Wärme, wenn sie Daten verarbeiten und speichern. Netzwerkgeräte tragen ebenso zur Wärmeproduktion bei. Und paradoxerweise auch Kühlsysteme, welche ebenfalls Wärme abgeben.
Rechenzentrum im Keller einer Neubausiedlung
Die meisten Rechenzentren auf der Welt geben diese Wärme an die Atmosphäre ab. Mit der steigenden Nachfrage nach Cloud-Diensten, künstlicher Intelligenz und Streaming wird diese Energieverschwendung zu einem grossen Problem. Infomaniak setzt sich dafür ein, diese Infrastrukturen in der Nähe von Fernwärmenetzen zu errichten, um diese Abwärme für die Gemeinschaft zu nutzen.

Dass – und wie – das geht, zeigt Infomaniak mit ihrem neuen Rechenzentrum, dem «D4». Es wird im Kellergeschoss der Wohnbaugenossenschaft La Bistoquette in Plan-les-Ouates realisiert, einer Gemeinde in der Agglomeration der Stadt Genf. Die ersten Server gingen hier im Herbst 2023 in Betrieb. Infomaniak hat es Ende Januar 2025 offiziell eingeweiht. Zu diesem Zeitpunkt war die Nutzfläche des Rechenzentrums von 1800 Quadratmetern zu rund einem Viertel belegt.

Modularer Ausbau der USV von ABB
Um eine kontinuierliche Stromversorgung zu gewährleisten, setzt Infomaniak ein modulares USV-System von ABB ein. ABB entwickelt und produziert leistungsfähige, energieeffiziente Systeme zur unterbrechungsfreien Stromversorgung in Quartino im Tessin. «Eine USV für die volle Kapazität von Anfang an zu installieren, wäre kostspielig», sagt Julien Bonnat, Betriebsleiter bei Infomaniak. Die gewählte Lösung ermöglicht eine schrittweise Erhöhung der Kapazität.
«Eine USV für die volle Kapazität von Anfang an zu installieren, wäre kostspielig.»
ABB lieferte zwei USV-Anlagen des Typs Megaflex DPA, die jeweils auf bis zu 1,5 Megawatt modular erweiterbar sind. «Für die Inbetriebnahme der ersten Server im November 2023 haben wir für Infomaniak einen Drittel der Endleistung mit der zugehörigen Batterieversorgung installiert, also je zwei Module à 250 Kilowatt», sagt Fréderic Junod, Projektmanager für den Bereich Electrification von ABB in der Romandie. Dieser Ansatz reduziert die Anfangsinvestition und ist nachhaltig, da Blei-Säure-Batterien eine Lebensdauer von etwa zehn Jahren haben – was noch nicht installiert ist, muss auch nicht ausgetauscht werden.
Abwärme vollständig genutzt
Infomaniak hat fast 50 Prozent der 12 Millionen Schweizer Franken, die für das Projekt aufgewendet wurden, in das Wärmerückgewinnungssystem investiert. Die von den Servern auf 45 °C erhitzte Luft wird zu Luft-Wasser-Wärmepumpen geleitet, die die Wassertemperatur auf 67 bis 82 °C erhöhen. Diese wird dann in das Fernwärmenetz der Services Industriels de Genève (SIG) eingespeist. Genial: Dieser Prozess setzt auch Kälte frei, die verwendet wird, um die Luft, die um die Server zirkuliert, ohne zusätzlichen Energieaufwand bei 28 °C zu halten.

Bei voller Kapazität kann das D4 mehr als 12’000 Megawattstunden Wärme pro Jahr liefern, was ausreichen wird, um 6000 Minergie-A-Wohnungen zu heizen. Um diese Heizleistung zu generieren, müsste jährlich eine Erdgasmenge verbrannt werden, die rund 2600 Tonnen CO2 freisetzen würde.
Paradigmenwechsel in der Branche anstossen
«Mit dem D4 beweisen wir, dass ein Rechenzentrum die gesamte von ihm verbrauchte Energie recyceln kann, ohne das Stadtbild zu beeinträchtigen», schließt Boris Siegenthaler. Infomaniak positioniert sich als unabhängige Schweizer Alternative zu den globalen Giganten und garantiert Vertraulichkeit und Nachhaltigkeit. Das Unternehmen lädt sogar seine Konkurrenten zu einem Besuch des D4 ein, um die Effizienz dieses Modells zu demonstrieren und einen Wandel in der gesamten Branche einzuleiten.