| 2. Dezember 2015
Optimierte Windkraft
Ein modifizierter Mittelspannungsumrichter von ABB Schweiz dient als Stromnetzsimulator
Das National Renewable Energy Laboratory der USA wurde mit einem leistungsstarken Stromnetzsimulator ausgestattet – einem der grössten je gebauten Geräte dieses Typs. Ein Expertenteam aus dem Bereich Mittelspannungsantriebe von ABB in Turgi hat massgeblich zu dessen Entwicklung beigetragen.
Windkraftgeneratoren, die derzeit in Offshore-Windparks installiert werden, können bis zu 10 MW leisten. Bevor sie in Produktion gehen, müssen diese gigantischen Maschinen zunächst eingehend getestet werden, um Risiken zu minimieren und spätere Zusatzkosten zu vermeiden. Derartige Tests umfassen die Kontrolle der mechanischen Widerstandsfähigkeit und die Analyse des elektrischen Widerstands der Turbine im Hinblick auf mögliche unerwünschte Zwischenfälle im Stromnetz.
Das National Renewable Energy Laboratory (NREL) in Golden, Colorado, ist das grösste Labor in den Vereinigten Staaten und eines der grössten Laboratorien der Welt, die sich auf derartige Tests spezialisiert haben. Zu den Zuständigkeiten dieser bundesstaatlichen Forschungs- und Entwicklungseinrichtung der USA zählen auch Technologien zur Windenergieerzeugung.
Vor einigen Jahren startete das NREL ein Projekt zur Entwicklung eines Stromnetzsimulators, der die Prüfung von Generatoren für Windturbinen unter kontrollierten und reproduzierbaren Bedingungen ermöglichen sollte.
Im Juni 2013 organisierte das Labor den ersten internationalen Workshop zum Thema Stromnetzsimulatoren zur Prüfung von Windturbinen. Der Workshop sollte einen Austausch aktueller Kenntnisse mit anderen Laboratorien in den USA, in Europa und in Asien ermöglichen und eine Standardisierung von Simulationstests im Bereich der erneuerbaren Energien fördern.
Aus Workshop hervorgegangen
Zu diesem Zeitpunkt war die Entwicklung eines modernen Hochleistungssimulators bereits im Gange. Neben den Mitarbeitenden des National Renewable Energy Laboratory waren auch Wissenschaftler der Clemson University in South Carolina an dem Projekt beteiligt. Ein Expertenteam von ABB in der Schweiz, das sich auf Mittelspannungsantriebe spezialisiert hatte, präsentierte die Idee, den Netzsimulator auf der Grundlage des Umrichters vom Typ ACS6000 zu bauen.
Der ACS6000 kontrolliert die Rotationsgeschwindigkeit und das Drehmoment elektrischer Motoren und zeichnet sich durch seine hohe Qualität und Zuverlässigkeit aus. Mithilfe einer speziell entwickelten Anwendungssteuerung wurde die Funktionalität des ACS6000-Antriebs signifikant verändert, sodass sich dieser in ein völlig neues Gerät verwandelte. Um den Entwicklungsprozess zu beschleunigen, vergab das ABB-Team in der Schweiz, das für den Entwurf des Simulators zuständig war, einen Teil der Arbeit an Forscher des ABB Corporate Research Centers in Krakau, Polen. Das polnische Team beschloss die maximale Nutzung der Antriebe, die im ABB-Werk für Stromrichter und Antriebe in Aleksandrów Łódzki, Polen, produziert worden waren, sodass sich die erforderlichen Konstruktionsänderungen lediglich auf Steuerungen und Software beschränken würden. Die mechanischen und elektrischen Komponenten des ACS6000 würden unverändert bleiben.
Zwei gegensätzliche Funktionen
Diese Zusammenarbeit ermöglichte schliesslich die Entwicklung eines der grössten Stromnetzsimulatoren der Welt, der Spannungen von 13,2 kV und eine Leistung von 7 MW unterstützt. Im Labor erfüllt dieses Gerät zwei Funktionen, die genau gegensätzlich sind. Einerseits ermöglicht es eine ideale Stromversorgung; andererseits simuliert es zu Testzwecken auch alle Arten von Netzstörungen, zum Beispiel Überspannung, Netzabfälle und fehlerhafte Spannungs-/Stromkurven. Sämtliche Probleme, die je in Stromnetzen festgestellt wurden, lassen sich nun in Tests reproduzieren.
Der Netzsimulator ist jedoch nur ein Bestandteil des gesamten Testsystems. Simultane mechanische Regelung spielt eine ebenso wichtige Rolle. Ein Turbinenschaft ist mit einem leistungsstarken ABB-Motor verbunden, der den Betrieb eines grossen, durch Windkraft gedrehten Rotors simuliert. Gleichzeitig simulieren Servomotoren, die auf beiden Seiten des Maschinenhauses angebracht sind, Erschütterungen und Belastungen durch extreme Wetterbedingungen wie etwa heftige Windböen. Mit diesen Massnahmen wird die mechanische Widerstandskraft einer Turbine im Hinblick auf verschiedene Belastungen getestet.
Das gesamte System ermöglicht somit die Simulation extremer Betriebsbedingungen und die Analyse des Verhaltens einer Windturbine bei stürmischem Wetter und Instabilitäten im Stromnetz. Während der Tests wird die Turbine kritischen Bedingungen ausgesetzt, um zu überprüfen, ob sie den Normen entspricht und den definierten Störungen sowie Belastungen ohne Auswirkungen auf ihren Betrieb standhält.
Hervorragende Leistung
Dies ist die erste Testeinrichtung in den USA, die imstande ist, Ausfälle in diesem Umfang zu simulieren, und derzeit das weltweit einzige System, das vollständig in zwei Kraftwerke integriert werden kann. Das ermöglicht Forschern die simultane Durchführung mechanischer und elektrischer Tests eines Geräts, das unter festgelegten Bedingungen betrieben wird.
Nach einer reibungslosen Inbetriebnahme durch Ingenieure von ABB USA und mehreren Betriebsmonaten ist das Führungsteam des National Renewable Energy Laboratory mit der Leistung des Simulators äusserst zufrieden. Das Labor hat bereits angekündigt, dass der Simulator auch zu Forschungszwecken in den Bereichen Solarenergiegewinnung und Energiespeicherung eingesetzt werden wird. Das Team betont, dass die Controllable Grid Interface (CGI) den Zeit- und Kostenaufwand für die Zertifizierung von Windgeneratoren beträchtlich reduziert habe.
ACS6000
Der ACS6000 ist ein modularer Mittelspannungsfrequenzumrichter, der für anspruchsvollste Anwendungen mit Einzel- oder Mehrmotorenantrieb entwickelt wurde. Er ermöglicht die Regelung von Rotationsgeschwindigkeit und Drehmoment elektrischer Motoren und bietet eine Leistung von 5 bis 36 MW. Er ist vor allem für seine hohe Qualität und Zuverlässigkeit bekannt.