Energietechnik | 26. September 2017
Hochspannunganschluss schleunigst realisiert
Rasche Hilfe für das Unterwerk Verbois
Kurz vor Weihnachten sollte eine erneuerte Maschinengruppe des Wasserkraftwerks Verbois ans Netz angeschlossen werden. Doch im benachbarten, im Umbau befindlichen Unterwerk fehlte der richtige Anschluss. ABB reagierte rasch.
Das Unterwerk Verbois ist für die Stromversorgung des Grossraums Genf von zentraler Bedeutung. Die SIG (Services Industriels de Genève) betreibt hier ein 130/18 kV-Umspannwerk, das mit fünf weiteren Unterwerken im Kanton verbunden ist. Zudem wird hier die generierte elektrische Energie aus den beiden Rhône-Flusskraftwerken Chancy-Pougny sowie der benachbarten Barrage de Verbois ins Netz eingespeist. Allein letztere deckt rund 20 % des Strombedarfs des Kantons Genfs.
Im Unterwerk Verbois steht noch eine gasisolierte Schaltanlage (GIS) vom Typ ELK-04 mit 20 Feldern von ABB im Einsatz. Sie wird im Laufe des Jahres 2017 durch eine neue GIS abgelöst werden, die in einem benachbarten Gebäude untergebracht ist. Marc Weber von SIG übernahm das Umbauprojekt des Unterwerks im Herbst 2016 kurzfristig von einem Kollegen, der das Unternehmen verlassen hatte.
Parallel zur Erneuerung des Unterwerks wurde 2016 auch ein Retrofit an der Sekundärtechnik eines der vier Generatoren im nur einen Steinwurf entfernten Flusskraftwerk Verbois durchgeführt. Dieser Retrofit sollte Anfang Dezember 2016 abgeschlossen und die erneuerte Maschinengruppe wieder ans Netz angeschlossen werden. Der Anschluss dieser vierten Maschinengruppe mit der erneuerten Sekundärtechnik sollte bereits über die neue GIS erfolgen.
Passgenauer Anschluss gesucht
Um die Energie ins Netz einzuspeisen, war es also nötig, ein Feld der neuen Schaltanlage in Betrieb zu nehmen und mit der bestehenden GIS zu verbinden. Dafür hatte SIG drei geeignete, leistungsstarke, je etwa 35 m lange einphasige Kabel organisiert, inklusive Steckern.
Bei der detaillierten Durchsicht der Pläne fiel Weber im November 2016 zu seinem Entsetzen auf, dass sich die für den Anschluss nötigen Buchsen nicht passgenau in die Kapselung der bestehenden GIS einfügen lassen. Was tun? Die vierte Maschinengruppe des Wasserkraftwerks sollte möglichst schon in zwei Wochen zugeschaltet werden, um die Lastspitzen in der kalten (Vor-)Weihnachtszeit abfedern zu können.
«Am 22. November habe ich Jérôme Henry vom ABB-Verkaufsbüro in Lausanne kontaktiert und ihn gebeten, mir die nötigen Adapter und Dichtungsringe zu beschaffen. Möglichst in zwei Wochen.» «Als ich den letzten Satz gehört hatte, schluckte ich zweimal leer», erinnert sich Henry mit einem Lächeln. «Normalerweise dauert es eher zwei Monate als zwei Wochen, um zu berechnen und zu evaluieren, welche Anpassungen nötig sind und die Teile dann zu beschaffen. Das sind ja keine Standardprodukte, die wir hier in der Schweiz auf Lager vorrätig haben; jede Buchse hat ihre Eigenheiten. Zudem wird es in der Vorweihnachtszeit erfahrungsgemäss schwieriger, die richtigen Ansprechpersonen zu finden, da oft noch der restliche Jahresurlaub eingezogen wird.» Jedenfalls machte sich Henry umgehend daran, die genauen Spezifikationen der GIS wie auch der Buchse in Erfahrung zu bringen, um sich damit auf die Suche nach den geeigneten Anpassungsteilen zu machen.
Die gasisolierte Schaltanlage war von ABB im deutschen Hanau gefertigt worden. Dort standen die Chancen am besten, fündig zu werden. In Absprache mit Jérôme Henry nahm auch Marc Weber direkt Kontakt mit den Experten in Hanau auf, um möglichst umgehend auf Nachfragen zu der geplanten, ungewöhnlichen Verbindung der beiden GIS reagieren zu können. Mit den detaillierten Angaben aus Genf wurden die Fachleute in Hanau tatsächlich fündig. Sie konnten die nötigen Anpassungselemente express in die Schweiz liefern. «Erfreulich, aber noch nicht die Lösung für das Problem», so Weber. Schliesslich brauchte es vor allem noch einen ausgewiesenen Fachmann für die Montage der Buchse mit Adapter und Dichtungsringen in der Kabelbox der GIS, um zu gewährleisten, dass die gasisolierte Schaltanlage absolut dicht ist.
Details mit grosser Auswirkung
Den fand Henry in Zürich Oerlikon, wo ABB ebenfalls gasisolierte Schaltanlagen produziert. Der Montageexperte machte sich eilends auf nach Genf, um in Zusammenarbeit mit dem Kabellieferanten und Marc Weber die Buchsen für die Verbindung auszutauschen. Bis auf eine kleine Verzögerung bei der Anlieferung aus Deutschland klappte das mit vereinten Kräften reibungslos. So konnte die vierte Maschinengruppe nach den erfolgreich durchgeführten Tests ab 9. Dezember über die eigens realisierte Verbindung zwischen den beiden Schaltanlagen die generierte Energie ins Netz einspeisen.
«Kleine Dinge haben manchmal grosse Auswirkungen», hält Weber fest. «Im Vergleich zu den ganzen Kraftwerk- und Schaltanlagen hier sind diese Adapter und Dichtungsringe scheinbar ein unbedeutendes Detail. Aber sie waren der Schlüssel zur Lösung.»
Marc Weber hebt die Bedeutung der offenen, raschen Kommunikation unter allen Beteiligten für dieses sehr zeitkritische Projekt hervor. «Zu meiner Erleichterung zogen alle am selben Strick. So konnten wir den drohenden Schaden dank dem Einsatz aller Beteiligten mit einer rasch umgesetzten Lösung abwenden», schliesst Weber ab.