| 2. Dezember 2015
Stromnetz 1:1000 emuliert
ABB steuert Systeme zu einem faszinierenden Projekt an der Fachhochschule in Winterthur bei
Im Labor für elektrische Energietechnik der ZHAW in Winterthur wird ein ganzes Stromnetz physisch nachgebildet, um den Studierenden dessen Verhalten bei Störfällen näherzubringen. ABB steuert ein Wide-Area-Monitoring-System und weitere Komponenten wie Erregersysteme dazu bei.
Die Stromnetze der europäischen Länder sind eng miteinander verknüpft; sie bilden gemeinsam ein Übertragungssystem für elektrische Energie, das sich über Tausende Kilometer erstreckt. Das dient der Versorgungssicherheit, lassen sich doch so regionale Überschüsse in jene Regionen exportieren, die eine erhöhte Nachfrage aufweisen.
Allerdings können sich in diesem riesigen Netz auch lokale Störungen ausbreiten und negative Auswirkungen in weiteren Bereichen nach sich ziehen – bis zum gefürchteten Blackout, der hunderte Millionen Franken kosten sowie in unserer elektrifizierten Gesellschaft Leib und Leben gefährden kann.
Zudem werden in Zeiten niedriger Strompreise mit dem anhaltenden Kostendruck sowie den sehr langwierigen Genehmigungsverfahren für neue Hochspannungsleitungen die Netze immer näher an ihren Auslastungs- und Stabilitätsgrenzen betrieben.
«Spannung und Frequenz müssen im gesamten Versorgungsnetz innerhalb der Stabilitätsgrenzen gehalten werden; ansonsten drohen Kettenreaktionen mit weitreichenden Konsequenzen», betont Petr Korba, Professor für Elektrische Energietechnik und Smart Grids an der ZHAW in Winterthur.
PSGuard von ABB
Korba hat selbst viel Grundlagenarbeit für die Netzstabilisierung geleistet. In seiner Zeit als Principal Scientist am ABB-Forschungszentrum in Baden-Dättwil hat er massgeblich zur Entwicklung des Wide-Area-Monitoring-and-Control-Systems (WAMC) und insbesondere der für das Erkennen instabiler Situationen sowie für die Kontrolle der Netzstabilität nötigen Algorithmen beigetragen. Die entsprechende Lösung führt ABB heute z. B. als PSGuard in ihrem Portfolio.
Die dafür nötigen Daten werden über Vektormessgeräte (Phasor Measurement Units/PMUs) erhoben, die weit im Versorgungsnetz verteilt sind. «Diese PMU liefern synchron genaueste Messungen von elektrischen Strömen und Spannungen in unserem Wechselstromsystem, die per GPS-Signal auf die Mikrosekunde genau zeitlich bestimmt werden. Mit geeigneten Algorithmen gewinnt man damit im dynamischen Netz den Überblick über die Systemstabilität in Echtzeit und kann bei kritischen Abweichungen regulierend eingreifen», so Korba. PSGuard wurde beispielsweise schon in Norwegen, Finnland, Österreich und auch in der Schweiz installiert.
Physische Emulation
Im Labor für Elektrische Energietechnik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur hat Korba mit seinem Team nun ein ganzes Stromversorgungsnetz im Massstab 1:1000 spannungsmässig nachgebildet – mit Stromerzeugung, Übertragung, Verteilung, Speichern, Schutz und Verbrauchern. Damit können den Studierenden die Grundlagen der elektrischen Energieübertragung und der Stabilitätsgrenzen des Netzes mithilfe eines industriellen Wide-Area-Monitoring-Systems unter realen Bedingungen nähergebracht werden. «Das ist keine virtuelle Simulation im Computer, sondern eine physische Emulation. Ein richtiges, bloss massstäblich verkleinertes elektrisches Energiesystem mit allen wichtigen Komponenten, mit dem sich experimentieren lässt», betont Korba. Es sei für viele Versuche die erste Einrichtung dieser Art.
ABB hat dazu PMUs der neuesten Generation – RES670 – sowie die PSGuard-Software beigesteuert; zusätzlich auch Erregersysteme für Synchrongeneratoren vom Typ UNITROL 1000. «Damit wollen wir die Regelschleife schliessen und ein Wide-Area-Control-System aufbauen. Die Unterstützung durch ABB ist ein wertvoller Beitrag zu unserem Labor», betont Korba. Zum ersten Kurs im Herbstsemester haben sich schon über 50 Studierende angemeldet. «Schon dieses Interesse zeigt, wie wichtig das Thema Netzstabilität ist und wie viel Sinn der Aufbau dieses Labors macht.»
Weitere Infos: http://new.abb.com/substation-automation/systems/wide-area-monitoring-system