Industrie & Verkehr | 7. August 2019
Nachmachen erwünscht: Parkplatz mit Solaranlage überdacht
Migros setzt auf clevere Lösung auf dem Dach
Mit dem «Solarparkplatz» deckt die Migros im Einkaufszentrum Chablais rund die Hälfte ihres Stromverbrauchs. Ein schweizweit einzigartiger Wechselrichter wandelt den Gleichstrom aus den PV-Modulen in Wechselstrom um.
Dieses Projekt kennt nur Gewinner: Die Kunden des Einkaufszentrums Chablais in Aigle können ihre Autos nun im Schatten parken. Die Netzbetreiberin Romande Energie hat eine Fläche in der Grösse von 1,3 Fussballfeldern für die Stromproduktion erschlossen. «Und natürlich kommt es auch der Umwelt zugute, wenn Strom klimaneutral vor Ort erzeugt und verbraucht wird», sagt Stéphane Barman, Leiter Technik bei Migros Waadt. Philippe Corboz, Projektleiter bei Romande Energie, ergänzt: «Wir erwarten, dass wir mit der Anlage pro Jahr 1,8 Mio. kWh Elektrizität produzieren. Das entspricht dem Verbrauch von rund 500 Haushalten.»
Während der Öffnungszeiten verbrauchen die 22 Läden und Bistros im Einkaufszentrum fast die gesamte Energie vor Ort. Die Migros klimatisiert das Gebäude und betreibt Kühlschränke, Backöfen, Belichtungen und Lüftungen mit dem Solarstrom. Nur wenn das Zentrum geschlossen ist, beispielsweise an Sonntagen, wird der Grossteil der Energie ins Netz eingespeist.
«Wir erwarten, dass wir mit der Anlage pro Jahr 1,8 Mio. kWh Elektrizität produzieren. Das entspricht dem Verbrauch von rund 500 Haushalten.»
Bis zu 1,6 MW Leistung
Ein Element, das die Solaranlage auf dem Carport von ähnlichen Projekten unterscheidet, ist der Zentralwechselrichter PVS800-57B. Er ist der erste seiner Art in der Schweiz – eine Weiterentwicklung der bisherigen Technik, die mit bis zu 2 MW auf höhere Leistungsklassen ausgelegt ist.
«PV-Module produzieren Gleichstrom. Doch unser Netz funktioniert mit Wechselstrom. Daher braucht jede Solaranlage einen Wechselrichter, der die Umwandlung durchführt», erklärt Slim Bedoui, Verkaufsteamleiter von ABB. «An sonnigen Tagen werden auf dem Carport Spitzenwerte von bis zu 1,6 MW produziert. Der Zentralwechselrichter führt diese Energie nach der Umwandlung einem Transformator zu, der die Anlage mit dem Mittelspannungsnetz verbindet.»
«Da die Anlage mindestens 25 Jahre ohne Erneuerung der Primärtechnik funktionieren soll, sind solche zukunftsweisenden Funktionalitäten wichtig.»
Digital vernetzt
In kleineren Photovoltaikinstallationen kommen oft mehrere Stringwechselrichter anstatt eines grösseren Zentralwechselrichters zum Einsatz. «Für unseren Bedarf ist der Zentralwechselrichter günstiger, effizienter und robuster. Da wir nur ein Gerät warten müssen, sparen wir im Unterhalt viel Zeit. Der Nachteil ist allerdings: Falls der Wechselrichter ausfallen sollte, geht die ganze Anlage auf einen Schlag vom Netz», erklärt Corboz.
Damit das möglichst nicht passiert, lässt sich der Wechselrichter fernüberwachen. Mit der digitalen Verbindung können sowohl die Netzbetreiberin als auch die Kundinnen und Kunden der Migros in Echtzeit einsehen, wie viel Solarstrom die Stromeinspeisung zu drosseln, falls dies für die Stabilität des Netzes nötig wäre. «Diese Möglichkeit wurde seit der Inbetriebnahme im Dezember 2018 zwar noch nie angewendet; da die Anlage aber mindestens 25 Jahre ohne Erneuerung der Primärtechnik funktionieren soll, sind solche zukunftsweisenden Funktionalitäten wichtig», sagt Corboz.
«Da der Wechselrichter in dieser Ausführung zum ersten Mal in der Schweiz installiert wurde, wollten wir mit einem lokalen und zuverlässigen Partner zusammenarbeiten. Unter anderem deshalb haben wir uns für das ABB-Produkt entschieden», schliesst Corboz.
ATTRAKTIVES ANGEBOT FÜR GEBÄUDEEIGENTÜMER
Die Solaranlage auf der Parkplatzüberdachung ist Teil des «Contracting Energie Solaire»-Angebots der Netzbetreiberin Romande Energie. Dabei können Geschäftskunden aus der ganzen Schweiz freie Flächen, zum Beispiel auf Gebäudedächern, für den Bau von Solaranlagen zur Verfügung stellen. Romande Energie finanziert die Installation und Wartung der Anlagen aus der eigenen Tasche, sodass der Gebäudeeigentümer keinerlei Risiko trägt. Der Kunde – hier die Migros – erhält während 25 Jahren einen günstigeren und festen Preis auf den vor Ort produzierten Strom. Danach kann die Migros die Solarinfrastruktur übernehmen oder den Vertrag verlängern.