| 4. Juli 2024

Satellitenschüsseln fokussieren die Sonne, um Leuk Teleport and Data Centre mit Strom zu versorgen

Zwei der grössten Parabolantennen der Satelliten-Bodenstation in Leuk wurden obsolet. Statt sie zurückzubauen, hat sie die CKW im Auftrag der Leuk Teleport and Data Centre AG zu Solaranlagen umfunktioniert. Electro-Müller hat Lösungen von ABB installiert, um sie kontinuierlich dem Sonnenstand nachzuführen.

Die Parabolantennen über Leuk im Wallis sind auch vom Tal aus unübersehbar. Anfang der 1970er-Jahre liess der Bund – durch die damalige PTT – hier eine Satelliten-Bodenstation errichten. Die PTT wählte diese kleine Hochebene, rund 1000 Meter über Meer gelegen, unter zwanzig möglichen Standorten in der Schweiz aus. Weil durch die spezifische Lage im Rhonetal der Horizont in Ost und West tief liegt und die Bodenstation durch die umliegenden Berge im Norden vor elektromagnetischen Immissionen abgeschirmt wurde. Das erlaubte in einem grossen Winkelbereich störungsfreie Sicht auf Satelliten in der geostationären Umlaufbahn über dem Erdäquator.

Überblick des Leuk Teleport and Data Centres.

Einer der sonnigsten Standorte der Schweiz

«Aus demselben Grund zählt unser Standort zu den sonnigsten Orten in der Schweiz, mit frühem Sonnenauf- und spätem Sonnenuntergang im ohnehin wolkenarmen Klima des Wallis. Auf dieser Höhenlage zieht auch kaum je Nebel auf», erklärt John Harris, CEO der Leuk Teleport and Data Centre AG, die hier nebst Satelliten-Übertragungsdienstleistungen ein Rechenzentrum betreibt, das stetig ausgebaut wird. Da lag es nahe, für den energieintensiven Datencenter-Betrieb hier Solaranlagen zu installieren und die elektrische Energie gleich vor Ort zu nutzen.

In einer Ausschreibung entschied sich TDC für das Angebot von CKW. Das Unternehmen erstellt und betreibt mit dem «Solar Contracting» massgeschneiderte Solaranlagen. Die Kunden bezahlen für die Anlage und deren Montage nichts und müssen sich auch nicht um Wartungsarbeiten kümmern. Sie beziehen bis zum Ende der Vertragsdauer – üblicherweise 25 bis 30 Jahre – Solarstrom zum vereinbarten Fixpreis.

Zwei Parabolantennen mit 32 Metern Durchmesser

«Solarpanels auf ein Flachdach montieren kann grundsätzlich jeder. Das haben wir in einem ersten Schritt auf dem Dach des Bodenstationsgebäudes realisiert», erklärt Daniel Nadler Leiter Sales Industry and Public bei CKW. «Spannend war, in obsoleten Satellitenschüsseln mit einem Durchmesser von 32 Metern Solaranlagen einzubauen.» Diese grössten der rund 50 hier installierten Parabolantennen sind technisch veraltet, zumal moderne Übertragungstechnik mit weit kleineren Durchmessern auskommt.

«Spannend war, in obsoleten Satellitenschüsseln mit einem Durchmesser von 32 Metern Solaranlagen einzubauen.»

«Anstatt sie zurückzubauen, entwickelten wir hier bei einem Brainstorming die Idee, sie zu Solaranlagen umbauen zu lassen. Rein strukturell-mechanisch sind sie noch gut erhalten», erklärt John Harris. Der bestechende Gedanke dahinter: Satellitenschüsseln sind so konstruiert, dass sie sich horizontal (Azimut) wie auch vertikal (Elevation) ausrichten lassen, um jeden Punkt des Himmels – beziehungsweise den dort stationierten Satelliten – in den Fokus zu nehmen. Damit können sie auch dem Sonnenstand im Tagesgang folgen und so die Sonneneinstrahlung immer optimal ausnützen.

Europaweit einmaliges Projekt

Die Motoren für die Ausrichtung der Satellitenschüsseln stammten aus den 1970ern. Für die Umnutzung mussten Antrieb und Steuerung erneuert werden. «Dafür suchten wir einen Partner, der in der Lage ist, dieses zumindest europaweit einmalige Projekt zu konzipieren und ganzheitlich umzusetzen», so Nadler. CKW vertraute es Electro Müller an. «Uns überzeugte deren spezifisches Know-how. Und wir schätzen es, dass sie ihre kundenspezifischen Lösungen mit ABB-Produkte realisieren.»

«Uns überzeugte deren spezifisches Know-how. Und wir schätzen es, dass sie ihre kundenspezifischen Lösungen mit ABB-Produkte realisieren.»

«Ein spannendes Projekt», so Patrick Sorgen, Leiter Projekte und Technik bei Electro Müller. «Man kennt allenfalls kleine ‘Solarblumen’ als Photovoltaikanlagen, die dem Lauf der Sonne folgen. Aber das mit einer 1750 Tonnen schweren Satellitenschüssel zu realisieren, in der allein die installierte Photovoltaikanlage 7 Tonnen wiegt und sie damit etwas aus dem ursprünglich konzipierten Gleichgewicht bringt, ist eine ganz andere Herausforderung.» Electro Müller ist seit langem zertifizierter Partner von ABB. So lag es auf der Hand, dass das Unternehmen dieses anspruchsvolle Projekt mit Motoren und Frequenzumrichtern von ABB realisiert.

John Harris (rechts) und Patrick Sorgen vor einer der zu Solarkraftwerken umgerüsteten Satellitenschüsseln.

Robuste ABB-Motoren mit Frequenzumrichtern eingebaut

«Wir haben das Drehmoment des alten Antriebs übernommen. Aber anstelle der ursprünglichen zwei 7,5-kW-Elektromotoren pro Ausrichtungsebene setzten wir je einen robusten ABB-Motor des Typs M3BP mit einer Leistung von 15 kW ein, jeweils angetrieben von einem ABB-Frequenzumrichter ACS880.» Die modernen Motoren an den Getriebeflansch der Anlage aus den 1970ern zu montieren – das Untersetzungsverhältnis der vom Motor eingehenden Drehzahl beträgt 1:4000 – bedurfte einiger Anpassungen.

Einer der neuen, hoch über Leuk für die Bewegung der Parabolantennen installierten ABB-Motoren.

«Für uns war die die Montage der ebenen Solarpanels in der konkaven Schüssel eine ziemliche Herausforderung, die wir mit einem eigens dafür konzipierten unterliegenden Montagegitter gemeistert haben», erklärt Nadler. So konnten in den zwei umgerüsteten riesigen Parabolantennen je 307 Solarpanels mit einer Nennleistung von jeweils 116 Kilowatt-Peak installiert werden. Die Dachanlage weist eine Nennleistung von 550 kWp auf.

Mit ABB-Antrieb dem Lauf der Sonne folgen

Die beiden Solaranlagen in den Satellitenschüsseln gehen nun mit dem ABB-Antrieb dem Lauf der Sonne von Ost nach West mit und fokussieren auch vertikal genau auf den Sonnenstand. Damit lässt sich eine gleichbleibende Ausbeute der Solarenergie im Tagesverlauf erreichen – vor allem auch im Winter. Schnee bleibt auf den Solarpanels im Gefälle der Schüssel kaum liegen. Er kann mit einer weiteren Neigung der Schüssel auch zum Abrutschen gebracht werden. Ebenso lässt sie sich bei starkem Wind in eine sichere Stellung bringen. Pro Jahr generiert jedes dieser innovativen Satellitenschüssel-Solarkraftwerke so viel elektrische Energie, wie ihn 25 typische Schweizer Vierpersonen-Haushalte verbrauchen. Der Energiebedarf für das Nachführen ist mit den beiden 15-Kilowatt-Motoren ohnehin gering und wird durch die moderne ABB-Lösung mit Frequenzumrichter weiter minimiert.

«Wir verbrauchen die hier generierte Solarenergie vor Ort im Rechenzentrum, allfällige Überschüsse speisen wir ins Verteilnetz.»

«Wir verbrauchen die hier generierte Solarenergie vor Ort im Rechenzentrum, allfällige Überschüsse speisen wir ins Verteilnetz», so John Harris. «Ohnehin beziehen wir ansonsten nur mit Wasserkraft generierte elektrische Energie und werden die eigene Produktion von Solarenergie hier vor Ort weiter ausbauen, um sicherzustellen, dass wir weiterhin das umweltfreundlichste Rechenzentrum der Schweiz mit den niedrigsten Strompreisen sind.»

Notstromaggregate werden Teil eines virtuellen Kraftwerks

Über das Solar Contracting der CKW hinaus plant TDC die Teilnahme am CKW Flexpool und bringt dafür die Leistung ihrer vier Notstromaggregate – die ursprünglich vom ABB-Vorgängerunternehmen BBC installiert wurden – bei Bedarf ein. Diese Dieselgeneratoren sind so ein Element des virtuellen Kraftwerks der CKW. Bei Bedarf können diese zur Stabilisierung des Stromnetzes am Regelenergiemarkt oder im Fall einer drohenden Strommangellage im Rahmen der Winterreserve des Bundes  eingesetzt werden.

Die Frequenzumrichter von ABB, welche die Bewegung der Satellitenschüsseln synchron zum Lauf der Sonne antreiben.

«Unsere partnerschaftliche Zusammenarbeit zahlt sich auch in der öffentlichen Wahrnehmung aus», hält Daniel Nadler abschliessend fest. «Ein Foto der Solaranlage in der Satellitenschüssel mit einer Kuh im Vordergrund schaffte es als ‹Picture of the day› in die bedeutende britische Tageszeitung The Guardian. Ein Win-Win für alle Beteiligten.»