Verkehr | 28. Januar 2021
Vollendung des Generationenprojekts V-Bahn
Spektakuläre Fahrt mit dem Eiger Express
Anfang Dezember 2020 ging der Eiger Express in Betrieb. Die spektakuläre Seilbahn führt von Grindelwald Terminal zur Station Eigergletscher und ist der zweite Arm der V-Bahn. ABB hat für den Eiger Express wie auch für die Gondelbahn auf den Männlichen die Antriebslösungen beigesteuert.
Die Aussicht durch die beheizten Panaromafenster der Kabinen ist einmalig. Links die legendäre Eigernordwand. Rechts das Lauberhorn. Hinten der Talkessel mit Grindelwald. Vorne die Station Eigergletscher, wo es entweder auf die Piste, den Wanderweg oder weiter hoch zum Jungfraujoch geht.
Der am 5. Dezember 2020 in Betrieb genommene Eiger Express beeindruckt auch durch seine technischen Daten: Die Gondeln verkehren mit einer Geschwindigkeit von 8 m pro Sekunde, also knapp 29 km/h. Üblich sind 6 m pro Sekunde. Das fällt den Fahrgästen spätestens bei der rasanten Einfahrt in die Station Eigergletscher auf, wo die Gondel kontrolliert auf die Stationsgeschwindigkeit abgebremst wird. So legt die Bahn eine Fahrstrecke von knapp 6,5 km und eine Höhendifferenz von 1385 m in lediglich 15 Minuten zurück. Die Antriebslösung für diese spektakuläre Seilbahn hat ABB geliefert: vier Elektromotoren mit einer Leistung von je 500 kW, jeweils angetrieben von einem rückspeisefähigen Frequenzumrichter vom Typ ACS 880.
Antriebslösung von ABB integriert
«Für unseren Endkunden, die Jungfraubahnen, hat die maximale Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Eiger Express oberste Priorität. So hat sich unsere Unternehmensgruppe für den Einsatz von Motoren und Frequenzumrichtern von ABB entschieden. Wir sind von deren Qualität überzeugt und kennen ABB aus Erfahrung als verlässliche Partnerin», so Raphael Reinle, verantwortlicher Projektleiter bei Garaventa. Die Garaventa AG ist der Schweizer Teil der Doppelmayr/Garaventa Gruppe, welche den Eiger Express realisierte. Die Frey AG Stans, ein Tochterunternehmen der Gruppe, zeichnet für die elektrische Steuerung verantwortlich und hat die Antriebslösung von ABB integriert.
Der Verfügbarkeit der Bahn dient die Auslegung mit den vier Motoren beziehungsweise Frequenzumrichtern, die in der Station Eigergletscher installiert sind. Selbst wenn einer dieser Antriebsstränge ausfallen sollte, fährt der Eiger Express weiter. Mit der etwas geringeren Geschwindigkeit von 6 m pro Sekunde, aber bei voller Auslastung.
In den 44 Gondeln der Seilbahn können 2200 Personen pro Stunde befördert werden. «Die grösste Leistung muss das System beim Ausgaragieren aus dem Terminal in Grindelwald Grund bringen, wenn talwärts noch keine Gondeln als Gegengewicht wirken», erklärt Reinle. Für das Garagieren, mit dem die Gondeln bei Betriebsschluss vor den Umwelteinflüssen geschützt werden, stehen ebenfalls Dutzende Frequenzumrichter von ABB im Einsatz.
16 rückspeisefähige ABB-Umrichter sind zudem für das Beschleunigen und Abbremsen der Gondeln bei der Berg- und Talstation installiert. Die dabei anfallende kinetische Bremsenergie wird in elektrische Energie umgewandelt und ins Netz rückgespiesen. Bei einer voll besetzten Gondel lassen sich so jeweils rund 30 Wh rekuperieren. Die zurückgewonnene Bremsenergie bei einem Umlauf der 44 Gondeln – jeweils Bergund Talstation – beträgt etwa 2,5 kWh. Auf das gesamte Betriebsjahr hochgerechnet, kommt so einiges an rekuperierter Energie zusammen.
Weltweit modernste Seilbahnkabinen
Der Eiger Express ist eine 3S-Bahn, welche die Vorteile einer Gondel- mit jener einer Pendelbahn zu einer kuppelbaren Umlaufbahn kombiniert. Die beiden Tragseile sorgen für eine hohe Stabilität, auch bei starkem Wind. «Das konnten wir am Eröffnungstag hier live erleben und bestätigen. Der Föhn blies mit bis zu 100 km/h ins Tal. Es war wirklich eindrücklich wie ruhig die Gondeln blieben. Im Innern spürten wir kaum etwas vom Sturmwind», erinnert sich Reinle.
«Im Innern spürten wir kaum etwas vom Sturmwind.»
Diese Gondeln sind die derzeit wohl modernsten Seilbahnkabinen der Welt. Die 26 Sitzplätze können ebenso beheizt werden wie die Panoramaverglasung – damit im Winter die Aussicht ungetrübt bleibt. Zwei Bildschirme bieten den Fahrgästen Informationen. Die Energie dafür wird von jeder Gondel selbst erzeugt, mit neu- entwickelten Laufrollengeneratoren. Die 8 Rollen versorgen so jede Kabine unterwegs mit 4 kW Leistung.
Der Eiger Express ist der zweite Schenkel der V-Bahn. Er teilt sich mit der Ende 2019 eröffneten Männlichenbahn den modernen, an das öffentliche Bahnnetz angeschlossene Grindelwald Terminal . Mit einer Länge von 6100 m ersetzte die 10er-Gondelbahn Grindelwald-Männlichen im Rahmen des Projekts V-Bahn die alte Gondelbahn aus dem Jahr 1978.
«Wir sind von deren Qualität überzeugt und kennen ABB aus Erfahrung als verlässliche Partnerin.»
Sie hat mit 111 Gondeln die Beförderungskapazität von 900 auf 1800 Gäste pro Stunde verdoppelt und die Fahrzeit von 30 Minuten auf 19 Minuten verkürzt. Angetrieben wird sie von zwei 800-kW-Motoren von ABB mit je einem rückspeisefähigen Frequenzumrichter.
Schneller als geplant vollendet
Die Bezeichnung «Generationenprojekt» wird der V-Bahn gerecht. Ganze 470 Mio. Franken haben die Jungfraubahnen dafür im Berner Oberland investiert. Damit verkürzt sich etwa die Reisezeit auf das Jungfraujoch um eine Dreiviertelstunde, was die Attraktivität vom «Jungfraujoch – Top of Europe» als Schweizer Tourismushighlight weiter erhöht.
Hauptkomponenten des Grossprojekts V-Bahn sind der Eiger Express, die Männlichenbahn und der gemeinsame, an das öffentliche Bahnnetz angeschlossene Grindelwald Terminal. Zudem wurden die Jungfraubahn, die Wengernalpbahn und die Berner Oberland-Bahn mit neuem Rollmaterial ausgestattet. Die Rundreise ab Interlaken zum Jungfraujoch ist während des ganzen Jahres möglich. Durch den Eiger Express sind die Gäste letztlich schneller auf dem Jungfraujoch oder im Skigebiet.
Weitere Infos:
Die Bauzeit für die beiden Bahnen belief sich auf genau 908 Tage. Dabei konnte die Eröffnung des Eiger Express, mit der das Projekt vollendet wurde, gar um eine Woche vorgezogen werden, trotz coronabedingten Herausforderungen 2020. Möglich machte das eine gute Koordination unter allen beteiligten Firmen. «Auch ABB hat ihre Motoren und Frequenzumrichter absolut fristgerecht geliefert», zieht Raphael Reinle ein positives Fazit.
Weitere Infos: motors.drives@ch.abb.com